
(Foto: Kostas Koufogiorgos)
Beim jüngsten Besuch der Kanzlerin in Peking wollten alle Konzernchefs nur eines: ins Auto der Kanzlerin steigen und so nah wie möglich an Angela Merkel und Chinas Mächtige heran. Weil es im Flugzeug nicht genügend Sitzplätze gab, flogen Branchenführer sogar mit ihren Privatjets zurück.
Wenn Olaf Scholz nächste Woche Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping besucht, wird alles anders. Etliche Manager haben wichtige Termine und sagen die Einladungen der Kanzlerin ab. Big Business mit China ist immer noch verlockend. Aber wenn es um Chinas Null-Covid-Strategie, den Taiwan-Konflikt oder die Beziehungen zwischen Peking und Moskau geht, macht sich unter Führungskräften in der Geschäftswelt eine unbekannte Verzweiflung breit.
Es gibt vier Gründe, warum jeder CEO in ein Auto steigen sollte.
Zuerst. CEOs sind alle in der Lage, sich zu all diesen Themen eine fundierte Meinung zu bilden. Sie haben auch ganze Abteilungen in ihren Konzernen, die sich mit geopolitischen Szenarien befassen. An Wissen mangelt es also nicht.
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Eine politische Debatte ist etwas anderes, als bei einer Pitchshow auf einer Branchenmesse sein Können zu zeigen. Lässt man aber das Management außen vor, verschwindet die Wirtschaft aus jedem gesellschaftspolitischen Diskurs, der Meinungsbildung und politische Entscheidungen beeinflusst.
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Zweite. Deutsche Unternehmen, auch große Mittelständler, sollten sich nicht scheuen, in China Geld zu verdienen. Man muss es den Leuten nur erklären. Genauso wie es gute Gründe gibt, warum sich China am Hamburger Hafen beteiligen sollte.
Allerdings traut sich kaum ein Manager in einer Talkshow zu sagen, dass es sich sein Unternehmen einfach nicht leisten könne, die Geschäfte in China sofort einzustellen. Aber wenn keine Wirtschaftsvertreter dies tun, hört die breite Öffentlichkeit möglicherweise nur denen zu, die nicht unbedingt die besten Kenntnisse über China haben.
Dritte. Das Geschäftsargument, dass Sie zwischen den USA und China eingeklemmt sind, ist richtig. Es reicht jedoch nicht mehr aus, einfach unter dem Radar zu fliegen, um auf beiden Seiten weiter Geschäfte machen zu können. Eine Exportwirtschaft wie Deutschland sollte vorbereitet sein, wenn sich die USA und China voneinander trennen. Dazu braucht es eine starke Stimme, die diese geopolitische Debatte auch öffentlich führt. Der Wohlstand des Landes und damit Millionen von Arbeitsplätzen hängen davon ab.
Vierte. Mitarbeiter und Kunden wollen wissen, wofür das Unternehmen steht. Vor allem Konzerne investieren Unsummen in die Vermarktung ihres „Purpose“ und die Bindung von Mitarbeitern. Da kann man nicht durchmanövrieren, man muss zu seinen Werten stehen.
CEOs vertreten verschiedene Anspruchsgruppen wie Mitarbeiter oder Lieferanten. Wer für diese gesellschaftlichen Gruppen mit all ihren Unterschieden sprechen kann, sollte von der Öffentlichkeit nicht gemieden werden.
Nur die „politischen Exekutivdirektoren“, die Stellung beziehen und aufpassen, fehlen. In der Stellenausschreibung wird nach “Deutscher Außenminister für Wirtschaft” gesucht. Vielleicht nicht die jüngsten Wirtschaftsführer als Nachfolger von Joe Kaiser oder Franz Fehrenbach, die mit all ihrer Erfahrung die Globalisierung und ihre Folgen zu schätzen wussten wie kein anderer. Aber BASF-Chef Martin Brudermüller oder Martina Merz von Thyssen-Krupp haben sicher das Zeug dazu. Sie müssen sich nur trauen.
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