
Ampelsteuer-Experimente – bei denen die Regierung bewusst die Prozesse riskiert
Finanzierung der Gaspreisbremse – Lindner will Mehrgewinne besteuern
Offenbar will das Finanzministerium überschüssige Gewinne von Öl- und Gasunternehmen mit 33 Prozent besteuern. Es werden zusätzliche Einnahmen von bis zu drei Milliarden Euro erwartet. Mit dem Geld soll zum Beispiel die Benzinpreisbremse finanziert werden. Nicht genug für die Grünen.
Der Bundestag hat in den vergangenen Wochen unzählige Gesetze verabschiedet. Doch bei der Anhörung im Finanzausschuss am Montag verdichtet sich der Eindruck, dass Rechtsstreitigkeiten angesichts der teilweise hektischen Steuergesetzgebung bereits unvermeidlich sind. Vor allem ein Honorar soll Anwälte ansprechen.
EEs ist der Sitzungssaal E 400 des Paul-Löbe-Hauses neben dem Reichstag in Berlin, wo die Mitglieder des Finanzausschusses zu Beginn der Woche tagen. Wenige Tage vor der Verabschiedung des Jahressteuergesetzes im Parlament will die Politik die Experten selbst noch einmal befragen.
Doch nach anderthalb Stunden Sitzung in Regierungsvierteln bleibt vor allem ein Eindruck: Am Ende mag vor allem eine Berufsgruppe mit der kurzfristigen, teils hektischen Steuergesetzgebung der Ampelfraktionen zufrieden sein: die Juristen . . Willkommen beim Steuerexperimentierlabor Deutschland.
Klagen scheinen unvermeidlich, vor allem bei der überhöhten Gewinnsteuer für Mineralölkonzerne, die aus Rücksicht auf die FDP nicht als Steuer bezeichnet werden darf und deshalb als Beitrag zur Energiekrise der EU bezeichnet wird. Experten zufolge hat man den Eindruck, dass die Europäische Union und das Finanzministerium, das für die nationale Umsetzung zuständig ist, solche Prozesse und auch das Ziel bewusst in Kauf nehmen.
„Das ist ein sehr innovativer Ansatz“, sagt David Hummel, Rechtsprofessor an der Universität Leipzig und Sprecher beim Europäischen Gerichtshof, der mit dem großen Videowürfel verbunden ist. Mit der Verordnung umgeht die EU-Kommission das Einstimmigkeitsprinzip in der Europäischen Union in Steuerfragen. Zwar sei der Beitrag der Energiekrise für eine kleine Gruppe von Unternehmen “nichts anderes als eine zusätzliche Steuer”.
Hummel wurde zu einem Artikel im EU-Recht befragt, der es dem Rat erlaubt, von Verfahren wie der Einstimmigkeit abzuweichen, wenn „ernsthafte Schwierigkeiten bei der Lieferung bestimmter Güter, insbesondere im Energiesektor“ auftreten, wie in Artikel 122 des Betriebsvertrags festgelegt. der Europäischen Union.
Auch Dietmar Gosch von der WTS-Gruppe, einem Zusammenschluss von Steuerberatungsgesellschaften, wendet sich gegen die Sondersteuer auf Mehrgewinne von Unternehmen der Mineralöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriebranche und sagt, dass „nicht der Mangel, sondern die Folgen“ angesprochen werden. Artikel 122 sei “der falsche Groove”, wenn man so sagen kann, und damit ein “ungeeignetes Krisenmanagement-Instrument”, so Gosch.
Anderen gehen die Pläne nicht weit genug
Hinter solchen Äußerungen ist zu vermuten, dass die Absender grundsätzlich wenig über eine Nachsteuer des Unternehmens nachdenken. Aber auch Christoph Trautvetter vom Netzwerk Steuergerechtigkeit wirkt am Montag nicht euphorisch, wenn er auf die Zusatzsteuer angesprochen wird. Das vorgeschlagene Gesetz geht ihm jedoch nicht weit genug.
„Bei dieser Art der Besteuerung, bei der in Deutschland nur Gewinne besteuert werden, ist wenig zu gewinnen“, sagt er. Energiekonzerne sind in Steuerfragen zu findig und zu international. Die in den Jahren 2022 und 2023 zu erwartenden Steuermehreinnahmen liegen dem Gesetzentwurf zufolge zwischen einer und drei Milliarden Euro.
Jury Heribert Anzinger von der Universität Ulm ging an diesem Nachmittag äußerst pragmatisch vor. „Wir gehen an vielen Stellen neue Wege“, sagt er. Wie Deutschland reicht es aus, EU-Vorgaben umzusetzen, um zur Energiekrise beizutragen, und verfassungs- und europarechtliche Kritik kann man später immer noch äußern.
Auch die geplante Besteuerung im Zusammenhang mit der Gas- und Wärmepreisbremse sieht er als legales Experiment. “Es ist gut, anzufangen, es zu versuchen”, sagt Anzinger über die Tatsache, dass höhere Einkommen eine Steuer zahlen müssen, um die Abzüge für die Abfederung des hohen Benzinpreises im Dezember zu nehmen.
Unklarheit sehen Experten hier vor allem bei der Frage, wer die Steuer zahlen soll. Florian Köbler, Bundesvorsitzender des Deutschen Steuervereins, spricht von einem “bedrohlichen Endverbraucher”, der besteuert werden müsse, wenn er zu den oberen zehn Prozent der Lohnempfänger im Land gehöre, jenen zehn Prozent, die mindestens einen Abzug zahlen müssen des Solidaritätsbeitrags.
Viele offene Fragen werden wohl erst vor Gericht geklärt werden
Köbler nennt zum Beispiel den Vorstand eines Dax-Konzerns, der mit seinem studentischen Sohn unter einem Dach lebt. Er kann den Gasvertrag für das Kind abschließen und muss dann trotz seines hohen Einkommens die Beihilfen nicht versteuern.
Am Ende der Anhörung bleiben noch viele Fragen offen. Vieles wird wohl erst in den nächsten Jahren geklärt – dann vor Gericht.
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