Klimawandel: Mehr Stadtbäume können Menschenleben retten

MMehr Bäume in der Stadt könnten die Zahl der Hitzetoten im Sommer deutlich reduzieren. Das berichtet ein internationales Forschungsteam nach der Analyse von 93 europäischen Großstädten, darunter sieben deutsche Großstädte.

Würde der Baumbestand in den Städten von derzeit durchschnittlich knapp 15 Prozent auf 30 Prozent verdoppelt, würde die Temperatur hier im Sommer um durchschnittlich 0,4 Grad sinken. Laut der in The Lancet vorgestellten Studie könnte die Zahl der vorzeitigen hitzebedingten Todesfälle um fast 40 Prozent gesenkt werden.

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“Unterschätzte Pflege”

Davon profitieren vor allem die Bewohner der Städte in Süd- und Osteuropa, wo es im Sommer besonders heiß ist. In einem “Lancet”-Kommentar forderten zwei Experten, dass solche Maßnahmen zur Kühlung von Städten sofort umgesetzt werden, insbesondere angesichts der globalen Erwärmung.

Verlängerung der Baldachinabdeckung

Extreme Hitze verschlechtert die Gesundheit und erhöht die Sterblichkeit, schreibt das Team um Tamara Iungman vom Institute for Global Health in Barcelona und bezieht sich dabei insbesondere auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Besonders gefährdet sind ältere Menschen und Kinder. Städte gelten als „städtische Hitzeinseln“, weil sie im Sommer heißer werden und langsamer abkühlen als die umliegenden ländlichen Gebiete.

Da der Hitzestress durch die Erderwärmung zunehmen wird, raten Experten seit Jahren dazu, in der Stadtplanung gegenzusteuern; unter anderem die Ausweitung der Baumbedeckung auf 30 Prozent der Wohngebiete der Stadt. Bäume spenden Schatten und Feuchtigkeit.

Um die Folgen dieser Maßnahme abzuschätzen, wertete das Team Daten aus 93 europäischen Städten aus, darunter Berlin, Hamburg, München, Köln, Düsseldorf, Frankfurt und Leipzig. Für jede Stadt untersuchte das Team Temperatur und Todesdaten von Juni bis August 2015; berechneten auch den kühlenden Effekt der Zunahme der Bäume und die Auswirkungen auf die Sterblichkeit.

In der Stadt war es 4,1 Grad wärmer als auf dem Land

Demnach waren die analysierten Städte im Sommer 2015 durchschnittlich 1,5 Grad wärmer als ihre Umgebung – wobei der Unterschied tagsüber deutlich größer war als nachts. Am stärksten war der Wärmeinseleffekt in Cluj-Napoca, der zweitgrößten Stadt Rumäniens: Dort war es 4,1 Grad wärmer als auf dem Land.

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Für den Sommer 2015 führte das Team rund 6.700 vorzeitige Todesfälle – bei einer Gesamtbevölkerung von 58 Millionen Menschen ab 20 Jahren – auf den Hitzeinseleffekt zurück. 2.644 davon – 39,5 Prozent – ​​hätten vermieden werden können, wenn die Bäume auf 30 Prozent der Fläche Sommerwetter gehabt hätten.

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Auch das ist ein Durchschnittswert: Für nördliche Regionen wie Schweden, das Baltikum oder Nordengland fanden die Forscher wenig Effekt. Noch stärker war der Effekt dagegen in den Städten Süd- und Osteuropas, wo es im Sommer deutlich heißer und tendenziell dichter bebaut ist.

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Für deutsche Städte stellte das Team eine moderate Auswirkung fest. Der Wärmeinseleffekt für Hamburg – wo die Baumbedeckung aktuell knapp 24 Prozent beträgt – liegt bei gut 0,8 Grad, in München – die Baumbedeckung bei gut 20 Prozent – ​​waren es gute 1,2 Grad. Hier war auch die vermeidbare Sterblichkeitsrate von 1,6 Todesfällen pro 100.000 Einwohner für die betrachteten deutschen Städte am höchsten.

“Erheblicher Einfluss auf die Sterblichkeit”

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass höhere Temperaturen in Städten einen erheblichen Einfluss auf die Sterblichkeit haben und dass diese Auswirkungen durch eine Ausweitung der Baumbedeckung in kühlen städtischen Umgebungen verringert werden können“, sagte Studienleiter Mark Nieuwenhuijsen in einer zitierten Lancet-Nachricht.

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Dabei gehe es nicht nur um die absolute Baumfläche in einer Stadt, sondern um eine gerechte Verteilung auf alle Wohngebiete: „Wir ermutigen Stadtplaner und Entscheidungsträger, eine an das lokale Umfeld angepasste grüne Infrastruktur umzusetzen und mit anderen Maßnahmen zu kombinieren um den gesundheitlichen Nutzen zu maximieren.“ Demnach gehören dazu die Verwendung anderer Oberflächenmaterialien – etwa Granit statt Asphalt –, eine geringere Baudichte sowie die Begrünung von Dächern und Fassaden.

„Solche Veränderungen sind notwendig, um die Lebensqualität städtischer Gebiete zu verbessern und die wachsende Herausforderung des Klimawandels und des Verlusts der biologischen Vielfalt anzugehen“, schreiben Kristie Ebi von der University of Washington und Kathryn Bowen von der University of Melbourne in einem The Lancet Comment.

Die Studie enthalte Schwächen, schreiben die Experten; Die Ergebnisse sind jedoch valide genug, um sofort in der Stadtplanung umgesetzt zu werden. Darüber hinaus werden solche Analysen auch für große Ballungsräume in China und Indien oder in Afrika dringend benötigt.

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