Deutsch-ukrainische Wirtschaftsbeziehungen: Investitionen “in ein künftiges EU-Mitglied”

Seit: 24.10.2022 21:31 Uhr

Bundeskanzler Scholz will den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg mit der EU-Mitgliedschaft des Landes in Einklang bringen. Auf einer deutsch-ukrainischen Wirtschaftskonferenz versprach er eine volle Partnerschaft.

Beim Wiederaufbau der Ukraine müsse laut Bundeskanzler Olaf Scholz berücksichtigt werden, dass das Land künftig Mitglied der Europäischen Union sein soll. “Wenn wir die Ukraine wieder aufbauen, dann mit dem Ziel der Ukraine als Mitglied der Europäischen Union”, sagte der SPD-Politiker auf einer deutsch-ukrainischen Wirtschaftskonferenz in Berlin. „Putins Krieg hat unsere Länder zusammengeschweißt“, fügte er hinzu.

Die Verkehrsinfrastruktur sowie der Logistik- und Transportsektor müssen so aufgebaut werden, dass das Land problemlos an die Europäische Union angebunden werden kann. Die Beitrittsperspektive ist auch als Signal an private Investoren zu verstehen. „Wer heute in den Wiederaufbau der Ukraine investiert, investiert in einen zukünftigen EU-Mitgliedsstaat, der Teil unserer Rechtsgemeinschaft und unseres Binnenmarktes sein wird“, sagte Scholz. Die Kanzlerin wies darauf hin, dass mehr als 2.000 deutsche Unternehmen in der Ukraine aktiv sind, andere wollen so schnell wie möglich zurückkommen.

Kriegsschäden in der Ukraine: Wirtschaftsforum diskutiert Wiederaufbau

Julia Cruz, RBB, Tagesschau um 20:00 Uhr, 24.10.2022

Forderung nach mehr Rechtsstaatlichkeit

Scholz warnte, je koordinierter und transparenter der Prozess werde, desto größer werde die internationale Wiederaufbauhilfe sein. Er appellierte an die ukrainische Regierung, die Rahmenbedingungen für Investitionen weiter zu verbessern. Sie fordert mehr Rechtsstaatlichkeit, mehr Transparenz und einen noch entschlosseneren Kampf gegen Korruption.

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Scholz versprach der Ukraine zudem mehr militärische Hilfe, insbesondere zum Schutz vor Angriffen aus der Luft. „Wir werden die Ukraine so lange unterstützen, wie es nötig ist“, sagte er.

Die Ukraine will Strom und Gas liefern

„Wir werden nach und nach nach Europa gehen“, forderte der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal, in deutsche Unternehmen zu investieren. „Für europäische Unternehmen bietet der Transformationsprozess unglaubliche Chancen.“ Er hob unter anderem die Erfahrung der ukrainischen Militärindustrie, das Potenzial des Energiesektors und die hochproduktive ukrainische Landwirtschaft hervor. Schmyhal bezifferte den Finanzbedarf für den Wiederaufbau auf 750 Milliarden Dollar. Er betonte, dass die Ukraine künftig Strom und Gas in die Europäische Union liefern wolle.

Vorrang hat laut Habeck die “akute Winterhilfe”.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck konzentrierte sich auf der Konferenz auf kurzfristige Herausforderungen und bezeichnete die “Hilfe für den akuten Winter” als oberste Priorität. Zum Beispiel Generatoren, Transformatoren und Netzreparaturen. “Das hat absolute Priorität.”

Russland ziele laut Habeck darauf ab, die Ukraine mit Angriffen auf die Energieinfrastruktur weiter zu destabilisieren und Menschen aus dem Land zu vertreiben. Wichtig sei auch die militärische Unterstützung und Betreuung von Flüchtlingen aus der Ukraine sowie ein „Marshallplan“ für den Wiederaufbau des Landes. Habeck sagte weiter, es sei dringend geboten, dass eine deutsche Wirtschaftsdelegation in die Ukraine gehe, sobald es dort stabiler gehe.

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Marchenko: Erst Infrastruktur, dann Wiederaufbau

Im Gespräch mit der tägliches Thema Der ukrainische Finanzminister Serhiy Marchenko sagte, die ukrainische Regierung rechne im kommenden Jahr mit einem monatlichen Defizit von 3,5 Milliarden Euro. Diese Summe sollte von den Partnerländern der Ukraine erhöht werden, um das Land am Laufen zu halten. Jetzt, kurz vor dem Winter, geht es vor allem um die Instandsetzung der Strominfrastruktur, die im Visier der russischen Armee steht. Der richtige Wiederaufbau des Landes ist ein weiteres Projekt, das später durchgeführt wird.

Die Ukraine buhlt nicht nur um staatliche Investitionen, sondern auch um solche von Unternehmen. Marchenko sagte, die ukrainische Wirtschaft habe sich als flexibel erwiesen und das Geschäftsumfeld sei „relativ stabil“. Nach einem Einbruch unmittelbar nach Beginn der russischen Invasion beruhigte sich die Lage, sodass rund 80 Prozent der ukrainischen Unternehmen wieder aktiv sind. Der Minister betonte auch, dass die Ukraine ihre Bemühungen im Kampf gegen die Korruption fortsetzen werde. “Dieses Jahr hat gezeigt, dass wir Verantwortung übernehmen können.” Jeder Euro aus Hilfszahlungen und Investitionen sollte zweckgebunden eingesetzt werden.

Auch Wirtschaftsvertreter sagten Unterstützung zu

Deutsche Wirtschaftsvertreter sicherten der Ukraine auf dem Wirtschaftsforum ihre Unterstützung zu. Viele Unternehmen leisten nun ihren Beitrag, damit die ukrainische Wirtschaft trotz Krieg weiterbesteht, „und sie möchten beim Wiederaufbau helfen“, sagte Peter Adrian, Vorsitzender des Deutschen Industrie- und Handelskammertages. Auch die deutsche Wirtschaft unterstützt Sanktionen gegen Russland und Weißrussland. Neben der akuten Nothilfe ist auch eine langfristige Perspektive notwendig. “Wir werden die Ukraine nicht im Stich lassen.”

Vizepräsident Hans-Ulrich Engel sagte dem Ostdeutschen Wirtschaftsausschuss, viele Unternehmen wollten sich am Wiederaufbau beteiligen. Die Vorbereitungen können nicht bis zum Ende des Krieges warten. Als einen der Schwerpunkte nannte Engel die wintertaugliche Strom-, Wärme- und Wasserversorgung. Unternehmen brauchen ein Sicherheitsnetz, um in der Ukraine zu investieren.

Jörg Poppendieck, ARD Berlin, über die Rolle der deutschen Wirtschaft beim Wiederaufbau der Ukraine

tagesschau24 14:00 Uhr, 24.10.2022

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